Zerrüttung – Kann man das verhindern?
Zerrüttung im Arbeitsverhältnis – und warum das Ihre Abfindung gefährden kann
Was passiert, wenn das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ernsthaft beschädigt ist? Viele Beschäftigte fragen sich, ob eine sogenannte „Zerrüttung“ nicht sogar nützlich sein könnte, um schneller eine Kündigung zu erhalten und anschließend eine hohe Abfindung zu verhandeln. Tatsächlich ist eher das Gegenteil der Fall: Die Zerrüttung ist einer der größten Risiken für Arbeitnehmer, die auf eine starke Verhandlungsposition setzen.
Warum Zerrüttung problematisch ist
Von Zerrüttung spricht man, wenn die Zusammenarbeit so sehr beschädigt ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. In solchen Fällen kann das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis auflösen und gleichzeitig eine Abfindung festsetzen. Was zunächst vorteilhaft klingt, ist in der Praxis fast immer nachteilig:
Denn: Die vom Gericht festgesetzte Abfindung fällt regelmäßig gering aus.
Sie orientiert sich meist an Standardwerten – oft etwa einem halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr, gelegentlich etwas mehr.
Für Arbeitnehmer, die auf eine hohe Abfindung setzen, ist dies fatal. Denn in professionell geführten Verhandlungen lässt sich häufig ein deutlich besseres Ergebnis erzielen, als die vom Gericht bestimmte Summe. Sobald das Gericht eine Zerrüttung feststellt, kann der Arbeitnehmer seine Trümpfe in einer Verhandlung nicht mehr ausspielen.
Anders ausgedrückt: Zerrüttung verhindert oft die Chance auf eine wirklich hohe Abfindung.
Kann der Arbeitgeber allein eine Zerrüttung herbeiführen?
Oft denken Beschäftigte, der Arbeitgeber müsse nur genug Druck ausüben, um eine Zerrüttung herbeizuführen. Das stimmt so nicht. Der Arbeitgeber kann nicht einseitig eine Zerrüttung „konstruieren“, um den Arbeitnehmer günstig loszuwerden. Das würde den Kündigungsschutz unterlaufen. Würde man das zulassen, könnten Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden einfach so lange schikanieren, bis das Verhältnis zerstört ist.
Dennoch gilt:
Auch wenn eine Zerrüttung durch den Arbeitgeber nicht einseitig herbeigeführt werden kann, sollten Arbeitnehmer unbedingt vermeiden, dazu beizutragen.
Wie also lässt sich eine Zerrüttung verhindern?
In unserer Praxis kommt es nur äußerst selten vor, dass Gerichte eine Zerrüttung feststellen – und schon gar nicht gegen unseren Willen. Entscheidend dafür ist, dass Beschäftigte frühzeitig richtig reagieren.
Die wichtigsten Grundsätze lauten:
Nicht provozieren lassen. Ruhig bleiben. Keine Eskalation.
Das bedeutet konkret:
- Keine emotionalen Gegenangriffe
- Keine persönlichen Vorwürfe
- Belastende Situationen sachlich dokumentieren
- Kommunikation – wenn nötig – über den Anwalt führen
Besonders hilfreich ist es, die eigene innere Haltung zu stärken: Wer versteht, dass am Ende oft monetäre Werte im Spiel sind – nicht der persönliche Sieg –, kann sich besser zügeln. Jede unnötige Eskalation schwächt die eigene Position.
Wie behält man den Überblick über Abfindungschancen?
Wer über einen Ausstieg aus dem Arbeitsverhältnis nachdenkt, sollte zunächst prüfen, wie wertvoll der eigene Kündigungsschutz ist. Ein Rechentool – etwa der Abfindungsrechner auf fernsehanwalt.de – hilft dabei, eine erste Orientierung zu gewinnen. Ergänzend lohnt es sich, die sich über die Gepflogenheiten in der eigenen Branche beziehungsweise Position zu informieren; teilweise ergeben sich daraus erhebliche Unterschiede zu den Abfindungsergebnissen eines Abfindungsrechners.
Empfehlenswerte Schritte:
- Kündigungsschutzwert grob einschätzen (mit einem Abfindungsrechner)
- Branchenspezifische Faktoren prüfen (beispielsweise mit ergänzenden Infovideos auf dem YouTube-Kanal Fernsehanwalt)
Wann sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anwaltliche Unterstützung suchen?
Spätestens dann, wenn sich Konflikte abzeichnen – etwa durch internen Druck, Abmahnungen oder angedeutete Kündigungen –, ist anwaltlicher Rat dringend zu empfehlen. Eine zeitnahe Beratung hilft, Fehler zu vermeiden und die eigene Verhandlungsposition zu stärken.
Besonders wichtig:
- Bei Kündigung oder Aufhebungsvertrag sofort anwaltlichen Rat einholen
- Nicht allein auf Gespräche mit Vorgesetzten oder HR verlassen
- Nichts unterschreiben, ohne es anwaltlich prüfen zu lassen
Zusammengefasst:
Zerrüttung ist selten – aber gefährlich. Sie führt zu Standard-Abfindungen und vereitelt Verhandlungspositionen, aus denen heraus sich sonst hohe Summen verhandeln lassen. Entscheidend ist deshalb ein ruhiges, strategisches Vorgehen: nicht provozieren lassen, keine Schnellschüsse, und rechtzeitig juristischen Rat suchen.
Letztlich geht es darum, den eigenen Kündigungsschutz bestmöglich zu „verkaufen“ – und das gelingt nur, wenn man eine starke Verhandlungsposition nicht durch unnötige Eskalation schwächt.