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Vom BEM zur Abfindung – SO kassierst du ab!

30.06.2025
4min

Von der BEM-Einladung zur Abfindung: Wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer strategisch klug reagieren

Wer eine Einladung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) erhält, sollte aufmerksam werden: Häufig deutet sich damit eine krankheitsbedingte Kündigung an. Doch richtig genutzt, kann das BEM der erste Schritt auf dem Weg zu einer fairen Abfindung sein. Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck zeigt, wie Beschäftigte typische Fehler vermeiden – und ihre Chancen auf eine Abfindung verbessern.

BEM-Gespräch: Warnsignal oder Chance?

Das betriebliche Eingliederungsmanagement soll eigentlich dazu dienen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach längerer Krankheit wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern. In der Praxis nutzen Arbeitgeber das BEM jedoch häufig auch als Vorbereitung einer krankheitsbedingten Kündigung.

Wer eine Einladung zum BEM erhält, sollte sich deshalb fragen: Steht eine Trennung im Raum? Ist der Arbeitgeber vielleicht gar nicht mehr an einer Rückkehr interessiert? Gerade wenn gesundheitliche Probleme durch die Arbeitsbedingungen verursacht oder verschärft wurden, kann das BEM der Beginn von Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag oder eine Abfindung sein.

Teilnahme am BEM: Ja – aber mit Strategie

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten ein BEM-Gespräch grundsätzlich nicht ablehnen. Eine pauschale Absage würde dem Arbeitgeber ermöglichen, sich im Kündigungsschutzverfahren auf die Verweigerung zu berufen. Dagegen gibt es Möglichkeiten, das Verfahren strategisch zu nutzen oder zeitlich zu verschieben.

Insbesondere bei psychischer Erkrankung kann es sinnvoll sein, sich vom behandelnden Arzt oder von der Ärztin ein Attest ausstellen zu lassen, das die Teilnahme am BEM aus gesundheitlichen Gründen derzeit ausschließt. Dies schützt vor einem ungünstigen Gesprächsverlauf und wahrt gleichzeitig die juristische Position im Fall einer späteren Kündigung.

Worüber im BEM gesprochen werden sollte – und worüber nicht

Kommt es zum Gespräch, gilt es, die Kommunikation mit Bedacht zu führen. Bredereck empfiehlt: Sprechen Sie im BEM ausschließlich über betriebliche Ursachen Ihrer Erkrankung – etwa über Belastungen durch Arbeitszeit, Arbeitsumfeld, Führungsstil oder Verhalten von Teammitgliedern. Private oder medizinische Details sollten Sie nicht preisgeben. Dazu sind Sie rechtlich auch nicht verpflichtet.

Dieses Vorgehen signalisiert dem Arbeitgeber, dass Probleme, für die er grundsätzlich verantwortlich ist, zur Arbeitsunfähigkeit beigetragen haben. Dies erhöht den Druck auf den Arbeitgeber, sich im Rahmen eines Aufhebungsvertrags auf eine Abfindungslösung zu einigen.

Ziel: Aufhebungsvertrag oder Abfindung statt Kündigung

Nach anwaltlicher Rücksprache lässt sich das BEM-Gespräch strategisch nutzen: Wer signalisiert, dass eine Rückkehr an den alten Arbeitsplatz problematisch ist, zeigt sich gleichzeitig offen für eine einvernehmliche Trennung. In vielen Fällen wird nach einem kritischen BEM-Gespräch entweder ein Aufhebungsvertrag angeboten oder sogar mit einer Kündigung gedroht.

Wer nicht bereits anwaltlich beraten ist, für den lohnt sich eine anwaltliche Unterstützung spätestens hier. Wird ein Aufhebungsvertrag vorgelegt, kann ein Anwalt oder Fachanwalt für Arbeitsrecht die Vertragsbedingungen nachverhandeln – und eine deutlich höhere Abfindung erreichen. Im Fall einer Kündigung sollte nach anwaltlicher Rücksprache umgehend Kündigungsschutzklage erhoben werden, idealerweise ergänzt durch die sofortige Zurückweisung der Kündigung.

Verhalten im BEM: Professionell, distanziert, sachlich

Im Gespräch selbst sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, nach anwaltlichem Rat, professionell auftreten – höflich, aber distanziert. Es sollte klar werden, dass das Verhältnis zum Arbeitgeber belastet ist und dass der Arbeitsplatz keine Zukunftsperspektive mehr bietet. Denn: Nur wenn der Arbeitgeber erkennt, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für ihn Nachteile bringt, wird er zu einer Abfindung bereit sein.

Abfindung realistisch einschätzen und Fristen beachten

Ein hilfreiches Instrument zur ersten Orientierung ist ein Abfindungsrechner, wie ihn Fachanwalt Bredereck online anbietet. Er liefert eine grobe Einschätzung, welcher Betrag in etwa erreichbar wäre – abhängig von Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Gehalt und weiteren Faktoren. Wer die Kündigung bereits erhalten hat, muss schnell reagieren: Für eine Kündigungsschutzklage gilt eine Frist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung. Diese Frist sollte der Arbeitnehmer aber keinesfalls ausreizen; am besten man ruft einen auf Kündigung und Abfindung spezialisierten Fachanwalt oder Fachanwältin am selben Tag an, an dem die Kündigung bekommen hat.

Wer klug handelt, kann das BEM als Hebel nutzen

Ob Einladung zum BEM, Aufhebungsvertrag oder bereits ausgesprochene Kündigung – in allen Fällen lohnt sich eine frühzeitige anwaltliche Beratung. Je besser die Strategie, desto höher sind die Chancen auf eine hohe Abfindung und die erfolgreiche Verhandlung weiterer Vorteile.

Wichtig: Besonders bei höheren Gehältern wächst der Druck auf den Arbeitgeber, sich von erkrankten Mitarbeitenden möglichst konfliktfrei zu trennen. Wer professionell auftritt und juristisch klug handelt, macht daraus einen Vorteil.