Chef will Kurzarbeit? Dieses Wissen solltest du haben!
Kurzarbeit: Was Arbeitnehmer jetzt wissen müssen – Rechte, Pflichten und taktische Vorgehensweise
In wirtschaftlich angespannten Zeiten greifen Arbeitgeber hierzulande erneut vermehrt zur Kurzarbeit. Betroffen sind große Konzerne ebenso wie kleinere Betriebe. Doch was bedeutet das konkret für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Müssen sie der Kurzarbeit zustimmen? Wann ist es sinnvoll, gegen die Kurzarbeit vorzugehen – wann ist dies gefährlich? Und wie wirkt sich die Kurzarbeit auf Gehalt, Urlaub und Rente aus – und auf die Möglichkeit des Arbeitgebers, zu kündigen?
Was ist Kurzarbeit?
Kurzarbeit ist eine vorübergehende Verringerung der normalen Arbeitszeit – bis hin zur sogenannten „Kurzarbeit Null“, bei der der Arbeitnehmer vollständig von der Arbeit freigestellt wird. Der Zweck der Kurzarbeit: wirtschaftliche Engpässe zu überbrücken und Kündigungen zu vermeiden. Die fehlenden Lohnanteile werden durch das Kurzarbeitergeld der Bundesagentur für Arbeit ausgeglichen.
Wann ist Kurzarbeit zulässig?
Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber Kurzarbeit nicht einseitig anordnen – es sei denn, dies ist ausdrücklich arbeitsvertraglich, tarifvertraglich oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt. Seit der Corona-Pandemie enthalten viele Arbeitsverträge entsprechende Klauseln. Nicht jede Klausel ist aber wirksam!
Praxistipp für Arbeitnehmer: Überprüfen Sie, ob Ihr Arbeitsvertrag eine Regelung zur Kurzarbeit enthält – und ob diese eine klare Bezugnahme auf die gesetzlichen Voraussetzungen enthält. Fehlt dieser Bezug, ist die Klausel womöglich unwirksam.
Fehlt die vertragliche Grundlage, ist die Zustimmung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin zur Kurzarbeit erforderlich.
Muss man der Kurzarbeit zustimmen?
Nein – nicht zwingend. Fehlt die vertragliche Grundlage, darf der Arbeitgeber Kurzarbeit nur mit Einwilligung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin einführen. Die Entscheidung sollte man sich aber gut überlegen.
Denn wer die Zustimmung verweigert, muss mit einer Gegenreaktion des Arbeitgebers rechnen – etwa in Form von Druck, einer Änderungskündigung oder einer betriebsbedingten Kündigung. Zwar sind viele dieser Maßnahmen rechtlich anfechtbar, doch besonders in kleinen Betrieben oder bei kurzer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten oder weniger, mithin bei fehlendem Kündigungsschutz, kann man deswegen seinen Job verlieren.
Wer also kündigungsschutzrechtlich gut aufgestellt ist, beispielsweise wegen Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes, kann seine Ablehnung der Kurzarbeit rechtlich durchsetzen. In Kleinbetrieben sollte man dagegen zurückhaltend sein.
Kündigung während Kurzarbeit?
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass Kurzarbeit vor einer Kündigung schützt. Zwar ist es für Arbeitgeber schwerer, während der Kurzarbeit wirksam betriebsbedingt zu kündigen – schließlich ist die Kurzarbeit als vorübergehende Maßnahme gedacht. Wer also während einer offiziell als zeitlich limitiert deklarierten Kurzarbeitsphase vorgibt, der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers sei weggefallen und kündigt, widerspricht sich selbst – und eröffnet Angriffspunkte für eine Kündigungsschutzklage.
Anders sieht es aus bei verhaltensbedingten oder personenbedingten Kündigungen – wegen einer arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung beziehungsweise Krankheit des Arbeitnehmers. Diese sind auch während der Kurzarbeit, bei Vorliegen der Voraussetzungen, grundsätzlich zulässig.
Nebenjob während Kurzarbeit: Erlaubt?
Viele Arbeitnehmer überlegen, während der Kurzarbeit einen Nebenjob anzunehmen, um den Einkommensverlust zu kompensieren. Grundsätzlich ist das erlaubt – aber nicht ohne Einschränkungen:
- Bereits vorher bestehende Nebenjobs bleiben unberührt.
- Neue Nebenjobs während der Kurzarbeit müssen gemeldet werden und führen zu einer Kürzung des Kurzarbeitergelds.
- Jobs bei der Konkurrenz sind grundsätzlich nicht erlaubt – ein vertragliches Wettbewerbsverbot besteht unabhängig von ausdrücklichen Klauseln im Arbeitsvertrag.
Auswirkungen auf Urlaub, Rente und Sozialversicherung
Auch Urlaubsansprüche können während der Kurzarbeit reduziert werden – besonders bei Kurzarbeit Null. Wer in dieser Zeit Urlaub nimmt, erhält zwar sein Arbeitsentgelt, muss aber mit einer Kürzung des Gesamturlaubsanspruchs rechnen. Ich rate daher grundsätzlich zu einer anwaltlichen Prüfung der Urlaubsregelung.
Rentenrechtlich ist Kurzarbeit weniger nachteilig. Die Beiträge zur Rentenversicherung werden weiterhin – wenn auch reduziert – gezahlt. In der Regel entstehen keine nennenswerten Nachteile gegenüber einer regulären Beschäftigung. Auch Krankenversicherungsschutz bleibt vollständig bestehen.
Kurzarbeit ist kein Selbstläufer
Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist Kurzarbeit kein Automatismus – und schon gar kein rechtsfreier Raum. Viele Arbeitgeber versuchen, die Regelungen zur Kurzarbeit auszunutzen oder zu umgehen, ohne deren Voraussetzungen vollständig einzuhalten. Beschäftigte sollten daher immer prüfen:
- Gibt es eine wirksame arbeitsrechtliche Grundlage für die Kurzarbeit?
- Besteht Kündigungsschutz?
- Ist eine Zustimmung zur Kurzarbeit sinnvoll oder sollte man davon besser Abstand nehmen?
- Welche Alternativen, etwa Aufstockung, Nebenjob, gibt es?
Juristische Beratung kann vor Nachteilen schützen. Wer unsicher ist, sollte frühzeitig rechtliche Unterstützung in Anspruch nehmen – idealerweise durch spezialisierte Fachanwälte für Arbeitsrecht.