Angst vor Rückkehr nach Krankheit? Befolge diese 6 Schritte!
Rückkehr nach langer Krankheit: Sechs Schritte für Arbeitnehmer
Die Rückkehr an den Arbeitsplatz nach längerer Arbeitsunfähigkeit ist häufig mit Unsicherheiten verbunden. Nicht selten erleben Beschäftigte nach Wochen oder Monaten der Abwesenheit, dass sich ihre Aufgaben verändert haben, das soziale Umfeld angespannt ist oder der Arbeitgeber neue Anforderungen stellt. Die folgenden sechs Schritte sollten Arbeitnehmer nach ihrer Genesung und bei der Rückkehr in den Betrieb beachten.
1. Neue Aufgaben nach Rückkehr vorerst ausführen – ohne Zustimmung zur Vertragsänderung
Viele Rückkehrer stellen fest, dass ihre ursprünglichen Aufgaben zwischenzeitlich anderweitig vergeben wurden oder nicht mehr existieren. In solchen Fällen ist der Arbeitgeber grundsätzlich berechtigt, dem Arbeitnehmer im Rahmen seines Direktionsrechts neue, gleichwertige Tätigkeiten zuzuweisen – vorausgesetzt, diese entsprechen dem Arbeitsvertrag.
Arbeitnehmer sollten neue Aufgaben daher zunächst ausführen, ohne jedoch einer Vertragsänderung schriftlich zuzustimmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber signalisiert, dass die bisherige Tätigkeit dauerhaft entfällt oder fremdvergeben wurde.
2. Keine vorschnellen Unterschriften
Arbeitgeber legen in solchen Situationen nicht selten Änderungsverträge oder neue Stellenbeschreibungen vor. Hier gilt höchste Vorsicht: Eine Unterschrift kann eine Änderung des Arbeitsvertrags bewirken, die später kaum rückgängig gemacht werden kann. Besondere Vorsicht gilt bei scheinbar unverfänglichen Formularen; auch durch sie kann sich der Arbeitnehmer rechtlich binden.
Empfehlenswert ist, vor einer Unterschrift stets juristische Beratung einzuholen – insbesondere dann, wenn unklar ist, ob es sich um vorübergehende oder dauerhafte Veränderungen handelt.
3. Vertragsänderung durch tatsächliches Handeln vermeiden
Wer über einen längeren Zeitraum hinweg ohne Widerspruch neue Aufgaben übernimmt, läuft Gefahr, dass sich der Inhalt des Arbeitsverhältnisses stillschweigend ändert. Bereits ein Zeitraum von zwei bis drei Wochen kann ausreichen, um eine sogenannte konkludente Vertragsänderung zu begründen – besonders dann, wenn sich der Arbeitnehmer nicht ausdrücklich vorbehalten hat, an seiner ursprünglichen Tätigkeit festzuhalten.
Arbeitnehmer sollten sich daher frühzeitig – am besten innerhalb weniger Tage – rechtlich beraten lassen, wenn unklar ist, ob die neuen Aufgaben arbeitsvertraglich gedeckt sind.
4. Mobbing und Ausgrenzung frühzeitig erkennen und dokumentieren
Nicht selten kommt es nach der Rückkehr zu Konflikten mit Kolleginnen und Kollegen. Frust über die eigene Mehrbelastung während der Abwesenheit, Missgunst oder unreflektierte Vorurteile gegenüber dem Rückkehrenden können zu gezieltem Mobbing führen.
Da Mobbing erfahrungsgemäß mit der Zeit zunimmt und sich selten „von selbst“ auflöst, muss der Arbeitnehmer frühzeitig aktiv werden und:
- Vorkommnisse dokumentieren
- Mit Vorgesetzten, Kollegen oder dem Betriebsrat sprechen
- Juristischen und/oder psychologischen Beistand einholen
Frühzeitig dagegen zu halten ist vor allem deshalb notwendig, weil Mobbing und Ausgrenzung regelmäßig die gesundheitliche Situation verschlechtert – bis hin zur erneuten Arbeitsunfähigkeit.
5. Wiederholte Kurzzeiterkrankungen möglichst vermeiden
Wer nach der Rückkehr erneut – möglicherweise kurzzeitig – krankgeschrieben wird, befindet sich in einer sensiblen arbeitsrechtlichen Lage. Problematisch wird dies vor allem, wenn eine sogenannte „Neuerkrankung“ vorliegt und der Arbeitgeber erneut Entgeltfortzahlung leisten muss.
Aus Sicht des Arbeitgebers ist eine wiederholte Abwesenheit meist eine erhebliche betriebliche Belastung, sowohl in finanzieller als auch organisatorischer Hinsicht. Daher gilt grundsätzlich: Lieber länger fehlen und vollständig genesen, als zu früh in den Arbeitsprozess zurückzukehren und dadurch das Risiko erneuter Ausfälle zu erhöhen.
6. Keine überstürzten Reaktionen – professionelle Beratung einholen
Der wichtigste Rat zum Schluss: Vermeiden Sie impulsives Handeln aus Angst oder Unsicherheit. Häufig entstehen arbeitsrechtliche Probleme nicht aus der Krankheit selbst, sondern aus unüberlegten Reaktionen darauf – etwa durch vorschnelle Eigenkündigungen, unbedachte Äußerungen oder emotionale Ausbrüche am Arbeitsplatz, die arbeitsrechtlich als Fehlverhalten gewertet werden könnten.
Gerade in Fällen, in denen krankheitsbedingte Kündigungen drohen oder ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) ansteht oder fehlerhaft durchgeführt wurde, ist juristische Beratung entscheidend. Auf Kündigung und Abfindung spezialisierte Fachanwälte für Arbeitsrecht können aufzeigen, ob die Kündigung angreifbar ist – etwa wegen fehlender Negativprognose oder einem fehlerhaften BEM – und gegebenenfalls auch Vergleichslösungen mit einer hohen Abfindung erreichbar sind.
Besonnenheit und Beratung zahlen sich aus
Die Rückkehr nach längerer Krankheit ist ein sensibler Moment im Arbeitsverhältnis. Wer seine Rechte kennt und die richtigen Schritte einleitet, kann unnötige Konflikte vermeiden und spätere Nachteile abwenden.
Die sechs zentralen Empfehlungen lauten:
- Neue Aufgaben zunächst übernehmen, aber nicht stillschweigend akzeptieren
- Nichts unterschreiben ohne vorherige anwaltliche Prüfung
- Frühzeitig rechtliche Klärung einholen, um ungewollte oder ungünstige Vertragsänderungen zu vermeiden
- Mobbing erkennen, dokumentieren und dagegen vorgehen
- Wiederholte (Kurzzeit-)Erkrankungen möglichst vermeiden
- Keine vorschnellen Entscheidungen – bei Unsicherheit anwaltlichen Rat einholen