Muss man eine Kündigung unterschreiben?
Muss man eine Kündigung unterschreiben? – Ein häufiger Irrtum mit ernsthaften Folgen
Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stehen unter Schock, wenn ihnen die Kündigung überreicht wird. In solchen Momenten setzen Arbeitgeber nicht selten auf psychischen Druck – vor allem, wenn sie auf eine Unterschrift des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin bestehen. Doch ist man überhaupt verpflichtet, eine Kündigung zu unterschreiben? Die klare Antwort lautet: Nein – und das aus gutem Grund.
Ein immer wieder auftretender Fall aus meiner arbeitsrechtlichen Praxis zeigt, wie schnell sich Unsicherheit verbreiten kann. Ein Arbeitnehmer, gut informiert durch meine YouTube-Videos, wusste eigentlich: Eine Kündigung muss und soll man nicht unterschreiben. Doch als der Arbeitgeber ihm das Kündigungsschreiben vorlegte und ihn dazu drängte, die „Entgegennahme zu bestätigen“, geriet er in Bedrängnis. Trotz seines Vorwissens und wachsender Zweifel unterschrieb er – aus Angst, unter Druck und in dem Glauben, keine andere Wahl zu haben.
Diese Situation ist kein Einzelfall. Gerade in kleinen Betrieben, wo Nähe zum Arbeitgeber besteht und juristisches Fachwissen fehlt, kommt es häufig zu solchen Unterschriftsforderungen. Oft wird gesagt oder suggeriert, die Unterschrift diene lediglich der Empfangsbestätigung – nicht etwa als Zustimmung zur Kündigung oder gar als Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage.
Doch genau hier liegt die Gefahr. Auch wenn im besten Fall wirklich nur „zur Kenntnis genommen“ oder „Kündigung erhalten“ gemeint ist, kann eine Unterschrift im Nachhinein zu Problemen führen. Im schlimmsten Fall taucht eine Version des Dokuments auf, in der plötzlich ein „einverstanden“ über der Unterschrift steht – sei es durch nachträgliche Manipulation oder durch ein Missverständnis. Das kann zu Strafanzeigen, fristlosen Kündigungen und erheblichen Unsicherheiten im Prozess führen.
Ein solcher Fall ist mir aus meiner anwaltlichen Praxis bekannt: Ein Arbeitnehmer unterschrieb auf einem Kündigungsschreiben ohne weiteren Text. Später präsentierte der Arbeitgeber ein Dokument, auf dem über der Unterschrift plötzlich „einverstanden“ stand. Der Vorwurf: Der Arbeitnehmer habe das ursprüngliche „einverstanden“ entfernt und mir, seinem Anwalt, ein gefälschtes Dokument vorgelegt – mit dem Ziel, gegen die Kündigung vorzugehen. Die Folge: Der Arbeitgeber sprach eine zusätzliche, diesmal fristlose, Kündigung aus und schaltete die Staatsanwaltschaft ein.
Die Situation drohte, zu eskalieren, obwohl die Ausgangslage rechtlich eigentlich klar und für den Arbeitnehmer harmlos war: Die ursprüngliche Kündigung war haltlos und wäre an sich vor dem Arbeitsgericht leicht angreifbar gewesen. Die fristlose Kündigung und das drohende Strafverfahren brachten nun aber erhebliche Risiken für den Arbeitnehmer und seine ursprünglich guten Abfindungschancen.
Daher gilt: Unterschrift = Unsicherheit = Risiko
Was viele nicht wissen: Die Kündigung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft. Das bedeutet, dass sie ohne Unterschrift des Empfängers wirksam ist – vorausgesetzt, sie ist nachweislich zugegangen. Wer also unterschreibt, riskiert unnötige rechtliche Unsicherheiten, die später im Kündigungsschutzprozess ausgenutzt werden könnten – meist zu Ungunsten des Arbeitnehmers.
Vor allem in Verhandlungen über eine Abfindung kann dies schwerwiegende Folgen haben. Arbeitgeber profitieren von solchen Unsicherheiten auf Arbeitnehmerseite, wo die Konsequenzen einer fristlosen Kündigung und eines Strafverfahrens drohen; je weniger Widerstand durch den Arbeitnehmer zu erwarten ist, desto günstiger lässt sich eine Trennung für den Arbeitgeber gestalten.
Der richtige Umgang mit einer Kündigung
Was also tun, wenn der Arbeitgeber auf eine Unterschrift pocht? Die Antwort ist klar: Standhaft bleiben – und niemals unterschreiben. Kein Arbeitnehmer ist verpflichtet, den Empfang einer Kündigung zu bestätigen. Wer sich unter Druck gesetzt fühlt oder bedroht wird, sollte dies dokumentieren – und so schnell wie möglich juristischen Beistand suchen. Arbeitgeber, die mit einer Freiheitsberaubung drohen oder sie andeuten, (etwa mit den Worten: „Du bleibst so lange hier, bis du unterschreibst!“ oder: „Ich lasse dich nicht eher gehen, bis du unterschrieben hast!“), machen sich unter Umständen strafbar.
Hat der Arbeitnehmer unter Druck und Stress trotzdem auf dem Kündigungsschreiben unterschrieben, ist nicht alles verloren. Wichtig ist, umgehend einen spezialisierten Anwalt anzurufen. Ein Experte kann meist schnell klären, ob die Unterschrift die Klage- und Abfindungschancen des Arbeitnehmers einschränken kann – und was als nächstes zu tun ist. Gerade wenn die Unterschrift nicht unter eine klare Zustimmungserklärung gesetzt wurde, lässt sich oft Entwarnung geben.
Fazit: Niemals eine Kündigung unterschreiben
Die wichtigste Regel lautet daher: Unterschreibe niemals eine Kündigung. Ganz gleich, was gesagt wird, wie freundlich oder unfreundlich der Ton auch sein mag und wie stark der Druck empfunden wird – es gibt keinen rechtlichen Zwang zur Unterschrift. Wer unterschreibt, riskiert Missverständnisse, Manipulationen und eine Schwächung der eigenen Position im Kündigungsschutzverfahren. Wer nicht unterschreibt, ist auf der sicheren Seite.