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Mündliche Freistellung: DAS musst du beachten!

07.05.2025
4min

Mündliche Freistellung durch den Arbeitgeber: Rechte, Risiken und richtiges Verhalten

Wenn der Arbeitgeber einen Mitarbeiter unerwartet und ohne schriftlichen Nachweis freistellt, ist besondere Vorsicht geboten. Der Arbeitsalltag zeigt, dass solche Situationen keine Seltenheit sind. Wie aber sollten Betroffene reagieren, wenn sie plötzlich ohne Nachweis in der Hand nach Hause geschickt werden? Wo liegen die Gefahren für Arbeitnehmer?

Unerwartete Freistellung ohne Begründung

Die Konstellationen, in denen solche Freistellungen vorkommen, sind vielfältig: Arbeitnehmer werden mal nach einem Streitgespräch aufgefordert, den Arbeitsplatz zu verlassen, mal nach einem verweigerten Aufhebungsvertrag oder einfach wortlos, ohne Erklärung. Mitunter wird man mündlich freigestellt unter Anwesenheit von Zeugen oder Sicherheitspersonal. Jede dieser Situationen kann für Arbeitnehmer gefährlich werden, sofern sie nicht richtig darauf reagieren.

Im konkreten Fall, den Fachanwalt Bredereck im Video schildert, wurde ein Arbeitnehmer vom Werkschutz unter Zeugen des Arbeitsplatzes verwiesen – ohne schriftliche Freistellung, ohne Begründung. Der Betroffene war geschockt und verunsichert, handelte jedoch richtig: Er kontaktierte umgehend einen spezialisierten Anwalt. Entscheidend ist: Auch wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer weiterhin Gehalt bekommt, sollte sie oder er nicht passiv bleiben. Es gilt, das eigene Verhalten jetzt strategisch klug auszurichten.

Mündliche Freistellung: Rechtlich heikel

Ein zentrales Problem bei der mündlichen Freistellung ist, dass diese nicht dokumentiert ist. Ohne Nachweis kann der Arbeitgeber später bestreiten, dass er den Arbeitnehmer von der Arbeit freigestellt hat. Dies kann zu erheblichen arbeitsrechtlichen Nachteilen führen – etwa wenn der Arbeitgeber behauptet, der Arbeitnehmer sei unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben, was unter Umständen eine verhaltensbedingte und im Extremfall sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann.

Fachanwalt Brederecks Praxistipps für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Jeder Arbeitnehmer, der mündlich freigestellt wird, sollte den Arbeitgeber umgehend per E-Mail beziehungsweise schriftlich darüber informieren und zur schriftlichen Bestätigung der Freistellung auffordern. Eine mögliche Formulierung wäre: „Ich wurde heute durch Herrn/Frau [Name] von der Arbeit freigestellt. Hiermit biete ich meine Arbeitsleistung weiterhin ausdrücklich an. Ich bitte um schriftliche Bestätigung der Freistellung.“ Diese Nachricht sollte an alle relevanten Stellen gesendet werden – etwa die Personalabteilung und den direkten Vorgesetzten.

Was droht nach der Freistellung?

Eine mündliche Freistellung ist regelmäßig Vorbote weiterer arbeitsrechtlicher Maßnahmen. In der Praxis sind vor allem drei Folgen üblich:

  1. Fristlose (hilfsweise ordentliche) Kündigung
  2. Einladung zur Anhörung im Rahmen einer Verdachtskündigung
  3. Zustellung eines Schreibens mit konkreten Vorwürfen

Gerade wenn die Freistellung vor den Teamkollegen und anderem Personal geschieht, liegt der Verdacht nahe, dass dem Arbeitgeber bereits schwerwiegend belastende Informationen oder Vorwürfe vorliegen – möglicherweise sogar strafrechtlich relevante.

Hier ist gegebenenfalls eine parallele Verteidigungsstrategie notwendig: arbeitsrechtlich und strafrechtlich. Diese ist meist nötig, weil wegen möglicher strafrechtlicher Konsequenzen oft erhebliche Nachteile für das berufliche und private Leben drohen. Eine Vorstrafe etwa kann weitreichende Folgen haben – von Schwierigkeiten im Bewerbungsprozess bis hin zu höheren Strafen bei künftigen Delikten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten deshalb bei der Wahl ihrer Anwältin oder ihres Anwalts darauf achten, dass sie oder er, wie Fachanwalt Bredereck, auch im Strafrecht entsprechend erfahren und versiert ist.

Chancen für Abfindungsverhandlungen

Trotz der Risiken kann eine Freistellung auch strategisch zum Vorteil des Arbeitnehmers genutzt werden – vor allem bei Verhandlungen über eine Abfindung oder einen Aufhebungsvertrag. Stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei laufendem Gehalt frei, ohne dass er arbeitsvertraglich oder gesetzlich dazu verpflichtet wäre, schwächt das seine eigene Verhandlungsposition. Denn in vielen Fällen will der Arbeitgeber den Betroffenen ohnehin nicht mehr zurückholen – was vor allem bei spektakulären Freistellungen unter Zeugen der Fall ist. Der Arbeitnehmer kann dann allein durch seine Bereitschaft, an seinen Arbeitsplatz zurückkehren zu wollen, hohen Druck aufbauen.

Praxistipp: Je mehr der Arbeitgeber durch die Umstände und die Dauer der Freistellung vollendete Tatsachen schafft, desto größer ist oft die Chance, eine hohe Abfindung zu erzielen – vor allem wenn keine wirksamen Kündigungsgründe ersichtlich sind.

Daher gilt: Nicht warten – handeln!

Wer mündlich freigestellt wird, sollte die Situation nicht unterschätzen. Eine rechtssichere Dokumentation, schnelles Handeln und meist auch rechtlicher Beistand sind unerlässlich, um Nachteile zu vermeiden. Keinesfalls sollte man auf den Zugang einer schriftliche Kündigung warten; vielmehr sollte man umgehend aktiv werden und die Hilfe eines spezialisierten Anwalts einholen.