Ausgangslage
Vor der Corona Pandemie war Kurzarbeit in den meisten Unternehmen jahrelang kein Thema. Das hat sich im Laufe des Jahres 2020 dann grundlegend geändert. Das Problem der Arbeitgeber: Sie wollten Kurzarbeit einführen, es fehlte hierfür aber die Rechtsgrundlage. In den meisten Arbeitsverträgen gab es keine Vereinbarung zur Durchführung von Kurzarbeit. Die Einführung von Kurzarbeit ist durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht gedeckt. Vor diesem Hintergrund stellte sich die Frage, inwieweit eine Anordnung von Kurzarbeit durch eine Änderungskündigung zulässig sein könnte. Aufgrund der regelmäßig längeren Kündigungsfristen von mehreren Monaten stellte sich die Frage, ob die Anordnung von Kurzarbeit auch durch eine außerordentlich fristlose Änderungskündigung mit sofortiger Wirkung erfolgen könne.
Arbeitsgericht Stuttgart
Eine fristlose Änderungskündigung mit dem Ziel, eine Einführung von Kurzarbeit zu ermöglichen, kann im Einzelfall als betriebsbedingte Änderungskündigung nach § 626 BGB gerechtfertigt sein.Für die Frage der Verhältnismäßigkeit der Kündigung sind insbesondere eine entsprechende Ankündigungsfrist und eine Begrenzung der Dauer der (möglichen) Kurzarbeit von Bedeutung sowie der Umstand, dass Kurzarbeit nur dann eingeführt werden kann, wenn die entsprechenden Voraussetzungen zur Gewährung von Kurzarbeitergeld auch in der Person des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin vorliegen (ArbG Stuttgart, Urteil vom 22. Oktober 2020 – 11 Ca 2950/20 –, juris).
Einschätzung der Rechtslage
Eine Besprechung des Bundesarbeitsgerichts zu dieser Frage existiert derzeit nicht. Das Berufungsverfahren in dieser Rechtssache endete durch Vergleich. Ich halte die Einführung von Kurzarbeit durch eine außerordentlich fristlose Änderungskündigung auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für unzulässig. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Pandemielage zu völlig neuen Problemen geführt hat, die für die Vertragsparteien nicht vorhersehbar waren. Es ist aber Sache des Gesetzgebers für diese neue Situation entsprechende Regelungen zu schaffen.
Arbeitgebertipp
Versuchen Sie möglichst einvernehmliche Regelungen mit ihren Arbeitnehmern zu treffen, die auch für künftige Ereignisse Wirksamkeit beanspruchen können. Soweit ein Betriebsrat im Unternehmen besteht, ist dieser zu beteiligen. Die Einführung der Kurzarbeit über eine Betriebsvereinbarung verdient den Vorzug.
Arbeitnehmertipp
Vorsicht bei der Unterschrift unter zweifelhafte Regelungen. Diese gelten auch nach der Pandemie weiter. Soweit der Arbeitgeber eine Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit ausspricht, empfiehlt sich in der Regel die Annahme unter Vorbehalt der Wirksamkeit und gleichzeitige Kündigungsschutzklage.