Die Anwaltswoche 4/2014 – u.a. zur Mietpreisbremse & dem Bahnstreik
‚++ Mietpreisbremse Teil 2: „Billiger wohnen und Makler sterben?“ ++ Erdkundelehrer, in deren Unterricht Kokablätter von Schülern konsumiert worden waren, wurden freigesprochen ++ Ist der aktuelle Bahnstreik eine Steilvorlage für das geplante Gesetz zur Tarifautonomie? ++ Bundesverfassungsgericht im Urteil der Woche: Bezeichnung des Verhaltens einer Richterin als „schäbig, rechtswidrig und eines Richters unwürdig“ ist keine Beleidigung!
In unserem neuen Format informieren wir Sie über die aktuellen juristischen Ereignisse der vergangenen Woche. Welche Urteile sind besonders wichtig für die anwaltliche Praxis? Was hat sich der Gesetzgeber Neues ausgedacht? Dazu Kommentare, Diskussionen und vielleicht auch Streitigkeiten aus der Perspektive praktizierender Anwälte. Das Ganze wie immer ungeschnitten und auf den Punkt gebracht.
Heute in Teil 4 unter anderem folgende Themen:
Mietpreisbremse beschlossen Teil II: „Billiger wohnen und Makler sterben?“
Über die Änderungen für Vermieter bei der nun beschlossenen Mietrechtbremse hatten wir bereits in der Anwaltswoche 2/2014 berichtet. Doch was bedeutet das Ganze für die Makler? Wenn nunmehr generell derjenige die Maklergebühren bezahlen soll, der den Makler bestellt hat: Werden Vermieter Makler noch beauftragen oder die Vermietung lieber selber in die Hand nehmen? Wie werden die geplanten Regelungen technisch umgesetzt?
Erdkundelehrer, in deren Unterricht Kokablätter konsumiert worden waren, freigesprochen
Zwei Erdkundelehrer hatten die peruanische Putzfrau der Schule in den Unterricht eingeladen und sie gebeten, die Schüler über landestypische Gebräuche aufzuklären. Dem war die Putzfrau nachgekommen und hatte den Schülern u.a. Kokablätter zum Kauen gegeben. Dafür war die Putzfrau bereits rechtskräftig verurteilt worden. Die Lehrer waren wegen der Beihilfe zur unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige angeklagt, wurde nun aber freigesprochen, mit der Begründung sie hätten nicht gewusst, was sie tun. Das Gericht hat offensichtlich keine allzu hohe Meinung vom Kenntnisstand der Erdkundelehrer. Die Staatsanwaltschaft sieht das ähnlich und prüft die Revision.
Ist der aktuelle Bahnstreik eine Steilvorlage für das geplante Gesetz zur Tarifeinheit?
Zwei Bahngewerkschaften streiten mit der Deutschen Bahn. Es geht unter anderem und vor allem wohl darum, wer wen vertreten darf. Das Ganze geschieht vor dem Hintergrund eines geplanten Gesetzes zur Tarifeinheit. Danach soll in einem Betrieb nur noch die zahlenmäßig größte Gewerkschaft berechtigt sein Streiks zu führen. Das würde letztlich wohl zur Bedeutungslosigkeit der so genannten Spartengewerkschaften führen, die jeweils nur eine begrenzte Zahl von einem bestimmten Kreis im Unternehmen angehöriger Personen vertreten (Lokführergewerkschaft, Ärztegewerkschaft). Beweist das aktuelle Gezerre bei der Bahn wie wichtig ein solches Gesetz zur Herstellung von Tarifeinheit ist?
Bundesverfassungsgericht: Bezeichnung des Verhaltens einer Richterin als „schäbig, rechtswidrig und eines Richters unwürdig“ ist keine Beleidigung!
In einer aktuellen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht nochmals bestätigt, dass auch überspitzte Kritik unter die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit fällt und daher strafrechtlich nicht verfolgt werden darf.
Ein vor Gericht unterlegener Kläger hatte im Rahmen einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die zuständige Richterin des Amtsgerichts kräftig vom Leder gezogen: dort hieß es unter anderem er, der Kläger protestiere „gegen das schäbige, rechtswidrige und eines Richters unwürdige Verhalten der Richterin“ und meine, „sie müsse effizient bestraft werden um zu verhindern, dass diese Richterin nicht auf eine schiefe Bahn gerät“.
Dafür war der Mann zunächst wegen Beleidigung gemäß § 185 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 20 € verurteilt worden. Es gab dann ein langes Hickhack im Berufungsverfahren und diverse Aufhebungen der jeweiligen Urteile, schlussendlich dann eine Bestätigung der Entscheidung durch das Oberlandesgericht. Damit im Ergebnis eine hohe Bestrafung, denn 80 Tagessätze sind vergleichsweise viel.
Das Bundesverfassungsgericht hob die Verurteilung auf, da überhaupt keine Straftat vorgelegen habe.
Das Bundesverfassungsgericht: Selbst eine überzogene oder ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Vielmehr muss hinzutreten, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung einer Person im Vordergrund steht. Nur dann kann ausnahmsweise auf eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls verzichtet werden.
08.10.2014